Brandenburger Phantombildzeichner Mirko Roscher Wenn keine Videoaufnahmen zum Enttarnen des Täters zu Verfügung stehen, kommen zwei wichtige Akteure ins Spiel: der Zeuge und der Phantombildzeichner.
„Da gibt es so viele Faktoren, die für das Endergebnis, das Phantombild, entscheidend sind“, meint Mirko Roscher, einer der beiden Phantombildzeichner im Landeskriminalamt Brandenburg.
Es ist ein Zusammenspiel, bei dem von beiden Seiten viel abverlangt wird. Durch langsames Herantasten an die Erinnerungen versucht man wichtige Details aus dem Gedächtnis der Zeugen abzurufen.
Mit kleinen Schritten kommt man dem Täter auf die Schliche und nähert sich dem gemerkten Bild, bis der Zeuge mit dem Endergebnis zufrieden ist. Eine möglichst große Ähnlichkeit mit dem Täter sei das Ziel. Dabei führt längst nicht jedes Phantombild zum Fahndungserfolg.
Vertraute Atmosphäre und Empathie seien in seiner Arbeit noch wichtiger als das zeichnerische Talent. Im Flächenland Brandenburg hat sich der Wohnungsbesuch bei den Zeugen bewährt. So fahren Mirko Roscher und seine Kollegin Bettina Röger in der Regel zu den Zeugen hin.
Das macht den Beruf so spannend, sagt Roscher. Jeden Tag treffe er auf neue Menschen, sei ganz nah an ihren Schicksälen und unterschiedlichen Lebensumständen.
Als Hilfsmittel nimmt er das Bildbearbeitungsprogramm Photoshop, manchmal auch die Software Face Gen. Längst haben Computerprogramme die mit Bleistift zeichnende Hand ersetzt. So tastet er sich Schritt für Schritt an das Bild heran.
Aus Hunderten von Dummies, digital erstellten Gesichtern, hatben die Zeugen die Möglichkeit einzelne, passende Elemente auszuwählen, die Teil des neuen Gesichts werden.
Die Möglichkeiten sind unendlich: Jegliche Nasen-, Ohren-, Augen-, und Kopfformen stehen zu Verfügung. Mit einem Klick wird das Gesicht breiter oder schmaler, männlicher oder weiblicher, die Nase länger oder kürzer und die Haut heller oder dunkler. Alle Teile können jeder Zeit neu ausgewählt und angepasst werden.
„Oft erinnern sich die Zeugen an ein bestimmtes Alter oder eine bestimmte Ethnie“. Kein Problem für den Phantombildzeichner. Schneller Zugriff auf die Datenbank mit vorgefertigten Gesichtern verschiedener Gruppen und Herkunftsregionen erleichtert die Arbeit erheblich.
Nicht selten bringt die Entstehung eines Phantombildes die Zeugen ins Staunen. Dass sie am Ende der Phantombilderstellung so nahe an ihre Erinnerungen vom Täter heran gekommen sind, hätten viele nicht für möglich gehalten, so Roscher.
Seit 1993, dem Anfang seiner Tätigkeit als Phantombildzeichner, war der Brandenburger an vielen spektakulären Kriminalfällen beteiligt. Als besondere Beispiele erwähnt er den spektakulären Entführungsfall „Maskenmann“ und den Mordfall an der 12-jährigen Ulrike aus Eberswalde im Februar 2001.
Normalerweise entsteht ein Phantombild in ca. 90 Minuten, besondere Fälle nehmen mehrere Stunden in Anspruch. Ungefähr 300 Phantombilder erstellen beide Phantombildzeichner des brandenburgischen Landeskriminalamtes im Jahr.
Es gibt keine spezielle Ausbildung für diesen Beruf. Allerdings sollte man bestimmte Voraussetzungen mitbringen. Unter anderem muss das Menschliche stimmen. Mit viel Übung und Selbststudium unter der Anleitung der erfahrenen Kollegen arbeitet man sich in die sehr spezielle Arbeit mit den Computerprogrammen und den Zeugen hinein. Zusätzlich tauschen sich die Kollegen dieser besonderen Berufsgruppe während der bundesweiten Phantombildzeichner-Workshops und Treffen untereinander aus.
Auch wenn die Phantombildersteller unterschiedliche Methoden haben, stimmt bei ihnen allen eins überein: Die Arbeit am Phantombild wird erst beendet, wenn der Zeuge mit dem Ergebnis zufrieden ist!