In Brandenburg sind im vergangenen Jahr mehr Straftaten aufgeklärt worden. Wie Innenminister Dietmar Woidke heute in Potsdam erläuterte, konnte die Polizei die Ermittlungen zu mehr als 110.300 Straftaten erfolgreich abschließen. Die Aufklärungsquote erhöhte sich um 1,1 Prozentpunkte auf 54 Prozent. Insgesamt wurden fast 73.000 Tatverdächtige ermittelt; das bedeutete einen Anstieg um 0,5 Prozent. Die Zahl der Straftaten erhöhte sich leicht um 1,9 Prozent auf gut 204.000 (2009: 200.474) Fälle. Im Bereich der politisch motivierten Kriminalität (PMK) sank die Zahl der Straftaten um rund 28 Prozent auf 1.466 (2.040) Fälle. Das ist der niedrigste Stand seit Einführung des neuen PMK-Definitionssystems im Jahr 2001.
Keine Trendumkehr bei allgemeiner Kriminalitätsentwicklung
Woidke betonte: „Die leichte Zunahme der Gesamtstraftaten ist kein Zeichen einer Trendumkehr. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass es derartige Schwankungen immer wieder gibt. Grundsätzlich ist nicht mit einer Änderung der langjährig rückläufigen Entwicklung zu rechnen. Seit 1994 verzeichnen wir einen Rückgang von 37,8 Prozent bei der Gesamtzahl der Straftaten. Das ist ein Minus von gut 124.000 Straftaten.“
Ausschlaggebend für die leichte Zunahme der Straftaten war nach Angaben Woidkes die Entwicklung bei den Vermögens- und Fälschungsdelikten mit einem Plus von rund 7.000 Straftaten. Eine Steigerung um ein Prozent auf 81.240 (80.450) Straftaten gab es auch bei der Diebstahlkriminalität. Dagegen waren die Kinder- und Jugendkriminalität, Gewaltkriminalität sowie Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung rückläufig.
Zuwachs bei Vermögens- und Fälschungsdelikten sowie Diebstahl
Jede fünfte Straftat war 2010 ein Vermögens- oder Fälschungsdelikt. Zu dem deutlichen Anstieg trug insbesondere ein Großverfahren mit 2.100 Einzelfällen von Urkundenfälschung bei. Vermehrt musste sich die Polizei aber auch mit Betrugsfällen befassen. Der Anstieg von 20,1 Prozent auf 28.263 (23.532) Fälle folgte hier einem bundesweiten Trend. „Die Ausweitung des Internethandels spielt hierbei eine wichtige Rolle. Die Zahl der Straftaten, bei denen das Internet als Tatmittel benutzt wurde, hat sich in den vergangenen sechs Jahren fast verdoppelt“, sagte Woidke. Er rief die Bürger zu einem sorgsamen Umgang mit ihren Daten im Internet auf. „Viele Nutzer machen es Betrügern zu leicht.“ Im Jahr 2010 verzeichnete die Polizei 8.851 (6.827) Fälle von Internetkriminalität.
Bei den Diebstahldelikten stechen vor allem Kfz-Diebstahl mit einem Plus von 22,6 Prozent auf 4.068 Fälle und Tageswohnungseinbrüche mit einem Plus von gut 50 Prozent auf rund 1.300 Fälle, 2009 = 865, besonders hervor. Woidke betonte, die Polizei nehme die Entwicklung bei Tageswohnungseinbrüchen „sehr ernst“. „Die Straftaten berühren das Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger in besonderer Weise, denn sie stellen eine erhebliche Verletzung der Privatsphäre dar“, sagte der Minister. Er verwies auf die Arbeit einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe (GEG) mit Berlin, denn die nach Polizeiermittlungen zumeist bandenmäßig arbeitenden Straftäter agieren grenzübergreifend in beiden Ländern. Die Polizei biete zudem fachkundige und unabhängige Beratung, wie die eigene Wohnung gegen Einbrecher geschützt werden könne.
Wie Woidke weiter erläuterte, beschränkt sich die Zunahme des Kfz-Diebstahls nicht allein auf den Grenzbereich, sondern erstreckt sich auf das gesamte Land. „Dabei haben wir es mit organisierten, geplanten und gut vorbereiteten Straftaten von Tätergruppen zu tun, die grenzüberschreitend operieren. Objekte des Diebstahls sind bevorzugt deutsche Volumenmodelle.“ Der Minister versicherte, die Polizei werde alle Möglichkeiten nutzen, um die Entwicklung zu stoppen. Wichtig seien dafür eine gute Zusammenarbeit mit den polnischen Behörden über das Zentrum der gemeinsamen Polizei- und Zollzusammenarbeit in Swiecko sowie die Kooperation mit Bundespolizei und Zoll.
Kinder- und Jugendkriminalität geht zurück
Als „erfreulich“ bezeichnete der Innenminister den Rückgang der Kinder- und Jugendkriminalität. Die Zahl der ermittelten Tatverdächtigen unter 21 Jahren sank um 8,5 Prozent auf 16.282 (17.798) Personen. Der Anteil der Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden an der Gesamtzahl der Tatverdächtigen sank auf 22,3 (24,5) Prozent. Vor zehn Jahren (2000) hatte der Anteil noch 33,7 Prozent betragen.
Auch weniger Gewaltstraftaten und Sexualdelikte
Auch die Zahl der Gewaltstraftaten insgesamt ging weiter um 1,8 Prozent auf 5.067 Fälle (5.161) zurück und sank damit auf das niedrigste Niveau seit 1994. Hier erhöhte sich zugleich die Aufklärungsquote auf fast 80 (77,7) Prozent. Auch die Fälle von Straßenkriminalität verringerten sich um 2,1 Prozent auf gut 43.759 (44.728) Fälle. Einen Rückgang gab es ebenso bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Ihre Zahl nahm um knapp 12 Prozent auf 1.547 (1.755) Fälle ab. Die Aufklärungsquote lag mit 83,4 Prozent (83,9) in etwa auf Vorjahresniveau. Besonders deutlich fiel der Rückgang bei Vergewaltigungen mit 25 Prozent auf 188 Fälle (2009: 251) aus.
Abwärtstrend bei politisch motivierter Kriminalität
Im Bereich der politisch motivierten Kriminalität gab es im vergangenen Jahr Rückgänge sowohl bei rechts- wie linksmotivierten Straftaten. Rechtsmotivierte Straftaten sanken um ein Fünftel auf 1.141 (1.422) Fälle. Dabei handelte es sich zum deutlich überwiegenden Teil (knapp 70 Prozent) um so genannte Propagandadelikte wie das Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen oder Verwendung von deren Kennzeichen. Die Zahl der linksmotivierten Straftaten sank von 260 auf 181 Fälle. Der größte Teil dieser Straftaten, nämlich 140 Fälle, war dem Themenfeld ‚Konfrontation gegen Rechts’ zuzuordnen.
Die Zahl politisch motivierter Gewaltstraftaten blieb mit 96 (97) Fällen in etwa auf Vorjahresniveau. Rechtsmotivierte Gewaltdelikte gingen leicht um drei auf 66 Fälle zurück. Damit setzte sich die seit 2004 anhaltende rückläufige Entwicklung fort. Linksmotivierte Gewaltdelikte erhöhten sich um vier auf 30 (26) Fälle). 86 Prozent der rechtsmotivierten Gewaltdelikte und 80 Prozent der linksmotivierten Gewaltstraftaten wurden aufgeklärt.
„Die nachhaltige Bekämpfung politisch motivierter Kriminalität bleibt eine vorrangige Aufgabe der Polizei. Der Rechtsextremismus ist und bleibt dabei erkennbar die Hauptherausforderung“, unterstrich Woidke. Die Polizei werde den Aufklärungs- und Verfolgungsdruck gegenüber den extremistischen Szenen hoch halten. „Das konsequente Handeln der Polizei gegen politisch motivierte Straftäter – und hier insbesondere gegen Gewalttäter – ist auch eine wichtige Unterstützung des zivilgesellschaftlichen Engagements für Demokratie und Toleranz. Der Staat unterstreicht damit deutlich die demokratische Werteordnung“, fügte der Innenminister hinzu.
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Pressemeldung Nr. 025/2011