Mehr Straftaten, aber bessere Aufklärungsquote – Neuausrichtung der SoKo „Grenze“ - Künftig Polizeikontrollen unmittelbar vor Grenzübergängen zu Polen
Brandenburgs Grenzregionen leiden auch weiterhin unter einer überdurchschnittlich hohen Kriminalitätsbelastung. Die Zahl der polizeilich registrierten Straftaten in den 24 unmittelbar an der Grenze zu Polen gelegenen brandenburgischen Gemeinden ist im Jahr 2013 um 1.933 Fälle auf insgesamt 22.184 Delikte gestiegen. Das entspricht einem Anstieg um rund 9,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit liegt die Kriminalität in der Grenzregion wieder etwa auf dem Niveau der Jahre 2010 und 2011. Dies teilte Innenminister Ralf Holzschuher heute bei einer Pressekonferenz in Potsdam mit.
2012 war die Zahl der Straftaten in den Grenzgemeinden gegenüber dem Jahr 2011 noch um knapp acht Prozent zurückgegangen. Dieser positive Trend hat sich im vergangenen Jahr nicht fortgesetzt. Ursächlich für den Anstieg sind nach Angaben von Holzschuher insbesondere der starke Anstieg der Fallzahlen im Bereich des Aufenthalts-, Asylverfahrens- und Freizügigkeitsgesetzes (+ 1.129 Fälle) sowie der Diebstahlsdelikte (+ 658 Fälle).
Aufklärungsquote deutlich verbessert
In den brandenburgischen Grenzgemeinden ereigneten sind rund 11,2 Prozent aller im Land Brandenburg verübten Straftaten. Bezogen auf 100.000 Einwohner wurden dort im vergangenen Jahr 10.514 Straftaten gezählt. Der Landesdurchschnitt liegt bei 8.052 Straftaten pro 100.000 Einwohner.
Dem Anstieg der Straftaten steht allerdings eine deutliche Verbesserung der Aufklärungsquote gegenüber: Sie lag in den Grenzgemeinden im Jahr 2013 bei 57,3 Prozent und erhöhte sich damit um fast vier Prozent. Die Aufklärungsquote ist damit auch besser als im Landesdurchschnitt von 54,2 Prozent. Insgesamt konnten so 12.713 Straftaten von der Polizei erfolgreich aufgeklärt werden.
Die Polizei ermittelte mit 9.318 Tatverdächtigen rund 1.000 Tatverdächtige mehr als im Jahr 2012 (2012: 8.304). Das entspricht einer Steigerung von über zwölf Prozent. Der Anteil der ausländischen Tatverdächtigen in der Grenzregion ist unterdessen weiter gestiegen. Insgesamt wurden 3.607 nichtdeutsche Tatverdächtige festgestellt (+ 1.171 Personen). Die Mehrzahl der ausländischen Tatverdächtigen stammte 2013 aus Russland (1.421), Polen (1.231) und Litauen (114). Im starken Anstieg der Tatverdächtigen aus der Russischen Föderation spiegeln sich insbesondere Flüchtlings- und Migrationsbewegungen aus Tschetschenien bzw. der Kaukasusregion wider. Noch 2012 wurden nur 212 Tatverdächtige mit russischer Staatsangehörigkeit erfasst. Hier spielt insbesondere die wesentliche Zunahme unerlaubter Einreisen nach dem Aufenthaltsgesetz eine Rolle.
„Eine bessere Aufklärungsquote und mehr ermittelte Tatverdächtige sind Erfolge der Arbeit unserer Polizei im Grenzraum. Dafür möchte ich allen beteiligten Beamtinnen und Beamten meinen Dank aussprechen. Dennoch ist unverkennbar, dass wir in der Grenzregion vor anhaltend großen Problemen stehen. Da gibt es nichts zu beschönigen. Das Hauptproblem ist nach wie vor die Eigentumskriminalität in allen ihren Formen. Sie ist es, die das Sicherheitsempfinden der Bürger besonders negativ beeinflusst. Deshalb werden wir den verstärkten Einsatz der Polizei auch in Zukunft fortsetzen“, sagte Holzschuher.
Eigentumskriminalität bleibt Hauptproblem
Die Gesamtkriminalität in der Grenzregion wird auch weiterhin in starkem Maße durch Eigentumsdelikte bestimmt. Gut 44 Prozent aller erfassten Straftaten waren Diebstähle. Knapp 8.900 Fälle von Diebstahl wurden im Jahr 2013 in den Grenzgemeinden Brandenburgs erfasst (+ 7,2 Prozent). Die Aufklärungsquote liegt bei 34 Prozent (2012: 32 Prozent). Die Entwicklung des Vorjahres, in dem Eigentumsdelikte in der Grenzregion um fast 20 Prozent zurückgegangen waren, hat sich damit im Jahr 2013 nicht fortgeschrieben. Gleichwohl war die Zahl der Diebstähle in der Grenzregion in den vergangenen zehn Jahren nur im Jahr 2012 niedriger als im vergangenen Jahr.
Eine Zunahme ist u.a. beim Diebstahl von Kraftfahrzeugen zu verzeichnen (+ 105 Fälle). Insgesamt wurden 651 Fälle von Kfz-Diebstahl erfasst. Regionaler Schwerpunkt ist die kreisfreie Stadt Frankfurt (Oder), wo sich über 43 Prozent aller Autodiebstähle in der Grenzregion ereigneten. Die Aufklärungsquote bei Kfz-Diebstahl liegt bei 19,4 Prozent (+ 5,3 Prozent). Ein deutlicher Anstieg um 25 Prozent ist beim Fahrraddiebstahl in den Grenzgemeinden zu verzeichnen. Die Polizei erfasste 2.284 Fälle von Fahrraddiebstahl (+ 466 Fälle). In diesem Bereich konnte allerdings die Aufklärungsquote auf knapp 25 Prozent verbessert werden (2012: 8,1 Prozent), was in diesem Deliktsbereich ein ungewöhnlich hoher Wert ist. Auch Diebstähle aus Garagen und Carports (+ 200 Fälle) und aus Boden- und Kellerräumen (+ 209 Fälle) haben zugenommen. Gestiegen sind auch Diebstähle aus Firmen, nachdem diese im Vorjahr deutlich abgenommen hatten: 753 derartige Straftaten wurden 2013 erfasst (2012: 654).
Anders stellt sich die Entwicklung dagegen beim Einbruch in Wohnungen und Einfamilienhäuser dar: Während im Land insgesamt ein Anstieg festzustellen ist, haben sich die Einbruchzahlen in den Grenzgemeinden kaum verändert. 2013 wurden dort 197 Fälle festgestellt, das sind vier weniger als im Vorjahr. Die Aufklärungsquote liegt nun bei über 39 Prozent (2012: 28,4 Prozent, + 10,7 Prozent) und damit erheblich über dem Landesdurchschnitt (21,5 Prozent).
Neuausrichtung der SoKo „Grenze“
Polizeipräsident Arne Feuring kündigte auf der Pressekonferenz eine organisatorische Straffung und Neuausrichtung der SoKo „Grenze“ an, die im Jahr 2010 eingerichtet worden war. Seitdem hätten sich wichtige Rahmenbedingungen geändert, was eine Anpassung der polizeilichen Maßnahmen erforderlich mache. Feuring nannte u.a. die weitere Internationalisierung von Tätergruppierungen, die erstmalige Bildung eines deutsch-polnisches „Joint Investigation Teams“ (Gemeinsame Ermittlungsgruppe) und die jüngst erfolgte Einrichtung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Grenzüberschreitende Kriminalität in Frankfurt (Oder). Im Zuge dieser Veränderungen der Rahmenbedingungen der polizeilichen Arbeit in der Grenzregion müssten Schnittstellen zu deutschen und polnischen Partnerbehörden neu definiert und verringert werden, um die Arbeit der Polizei effektiver zu gestalten und den hohen Verfolgungsdruck in der Grenzregion aufrecht zu erhalten.
Stärkung der Operativen Fahndung der Polizeidirektionen
Ab April soll daher die SoKo „Grenze“ dem Landeskriminalamt Brandenburg (LKA) zugeordnet und direkt dem Leiter des LKA unterstellt werden. Die Ermittlungskompetenzen der SoKo könnten so besser mit jenen Bereichen des LKA vernetzt werden, die sich mit Operativer Auswertung, Interpol und Rechtshilfe sowie mit Organisierter und Schwerer Kriminalität befassen. Gestärkt werden sollen zudem die operativen Fahndungskräfte der Polizeidirektionen. Die entsprechenden Kräfte der SoKo „Grenze“ werden dazu in die Polizeidirektionen überführt. Damit sei zukünftig ein Einsatz aller Fahndungs- und Unterstützungskräfte „aus einer Hand“ sichergestellt, sagte Feuring. Fortgesetzt wird angesichts der Lage der schwer-punktmäßige Einsatz der Hundertschaften der Polizei in der Grenzregion. Diese Maßnahmen seien sinnvoll und notwendig, sagte Feuring, stellten jedoch keinen Vorgriff auf die anstehende Evaluierung der Polizeireform dar.
Brandenburg kündigt Kontrollen unmittelbar vor Grenzübergängen an
Holzschuher und Feuring kündigten außerdem an, dass die Polizei mit ihren Kontrollmaßnahmen im Grenzraum zukünftig räumlich noch enger an die Grenzübergänge zur Republik Polen heranrücken werde. „Die Polizei wird unmittelbar vor den Grenzübergängen Präsenz zeigen und Kontrollen durchführen. Dabei wird als Leitlinie gelten eine extensive Auslegung der europäischen Regelungen, die auf dem Schengener Abkommens basieren. Diese Auslegung als Grundlage unserer Einsatzmaßnahmen wird sich exakt, aber auch gerade noch im Rahmen des rechtlich Zulässigen bewegen“, sagte Holzschuher. Seit Inkrafttreten des Schengener Abkommens sind Personenkontrollen an den Binnengrenzen der teilnehmenden Staaten grundsätzlich untersagt und nur noch in Ausnahmefällen zulässig. Zur Umsetzung und gegenseitigen Abstimmung dieser Maßnahmen sollen Gespräche mit der Bundespolizei und der polnischen Seite geführt werden.
Holzschuher wies darauf hin, dass die EU als politisches Ziel einen gemeinsamen „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ proklamiert habe. Angesichts der anhaltend hohen Kriminalitätsbelastung in den Grenzregionen und Grenzgemeinden nicht allein des Landes Brandenburg und des dadurch angeschlagenen Sicherheitsgefühls komme es nunmehr darauf an, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger dem Aspekt der Sicherheit im gemeinsamen Europa „in Zukunft wieder stärker Geltung zu verschaffen“, sagte Holzschuher. „Alles andere wäre der Akzeptanz der europäischen Idee in der Bevölkerung abträglich“, warnte der Minister.
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Ministerium des Innern des Landes Brandenburg
Pressemitteilung Nr. 014/14 vom 12.03.2014