Mehr Sicherheit für Oma und Opa

Polizeidirektion West startet Themenwoche im Zuge der Brandenburgischen Seniorenwoche

Überregional

Kategorie
Vorbeugen und Schützen
Datum
05.06.2023

Ganz gleich ob Betrugsanrufe zum vermeintlichen Verkehrsunfall des Enkels, die gestohlene Geldbörse, in der die PIN-Nummer der EC-Karte notiert ist, oder die Sicherheit im Straßenverkehr: In der Woche vom 05. bis 09. Juni nimmt die Polizeidirektion West die Sicherheit von Seniorinnen und Senioren besonders in den Fokus – mit vielen präventiven Informationen, hilfreichen Tipps und neu beschafftem Präventionsmaterial speziell für dieses Thema. Anlass ist die Brandenburgische Seniorenwoche, die offiziell vom 04. bis 11. Juni stattfindet.

PHK Axel TrittPHK Axel Tritt Zum Auftakt gibt es ein Interview mit Polizeihauptkommissar Axel Tritt. Er leitet den Sachbereich Prävention in der Polizeiinspektion Teltow-Fläming und beschäftigt sich dort unter anderem mit Präventionsangeboten für Seniorinnen und Senioren. Auch an der Eröffnungsveranstaltung der diesjährigen Brandenburgischen Seniorenwoche, die am 03.06. in Ludwigsfelde stattfand, haben PHK Tritt und sein Team mitgewirkt.

Herr Tritt, warum brauchen wir überhaupt Prävention speziell für Seniorinnen und Senioren?

Axel Tritt: Eigentlich ganz einfach: Weil Seniorinnen und Senioren genauso am aktiven Leben teilnehmen wie junge Menschen. Sie sind gezwungen heutzutage auch neue Medien und das Internet zu nutzen, sei es beim Online-Banking oder wenn sie etwas online bestellen wollen. Und da sind sie natürlich auch potentielle Opfer von Kriminellen wie auch die anderen Bevölkerungsteile. Und bei den Seniorinnen und Senioren kommt noch dazu, dass es bestimmte Kriminalitätsphänomene gibt, die direkt auf sie und ihre Situation abgestellt sind.

 

Welche sind das denn?

Axel Tritt: Da will ich mal nur als Beispiel den Enkeltrick nennen oder den Schockanruf, das ist ja eine Weiterentwicklung des Enkeltricks. Gerade beim Enkeltrick machen sich die Betrüger das Alter der Senioren zu Nutze und konfrontieren sie mit einer Situation, die sie aus dem Gleichgewicht bringt und sie zu Handlungen zwingt, die sie sonst, wenn man sie nicht so unter Druck setzen würde, niemals machen würden. Sonst würde niemand 40.000 Euro abheben und das bezahlen. Sonst hätte man Zeit zum Nachdenken und würde das nicht machen. Dann gibt es natürlich auch andere Maschen, zum Beispiel, dass sie angeschrieben werden, sie hätten einen Vertrag abgeschlossen und dann meldet sich ein Inkassobüro und so etwas. Da müssen wir gezielt ansetzen, weil Senioren bei solchen Maschen teilweise die Sensibilität fehlt. Und deshalb ist Prävention auch für Senioren wichtig.

 

Welche Herausforderungen gibt es dabei?

Axel Tritt: Problematisch ist vor allem, dass die Entwicklung in der Computertechnik und bei den sozialen Medien extrem schnell voranschreitet. Man kommt kaum hinterher, diese technischen Neuerungen, die auf den Markt kommen, zu verfolgen. Wir kommen kaum noch dazu, bestimmte Sachen zu hinterfragen. Und in dem Moment, in dem man ein Smartphone in die Hand nimmt, muss man damit rechnen, Opfer von Straftaten zu werden. Und das muss man Senioren auch so knallhart sagen. Rein logisch wissen sie das alle, sie haben alle eine hervorragende Lebenserfahrung, aber solche speziellen Dinge muss man ihnen darlegen.

 

Welche Angebote für Seniorinnen und Senioren haben Sie als Präventions-Experten?

Axel Tritt: Es gibt dieses generelle Thema „Sicher leben im Alter“, was wir anbieten. Da geht es um diese Maschen, die ich gerade beschrieben habe. In der Regel mache ich es so, dass ich kurze Ausführungen mache und mich dann den Fragen stelle. Und wir kommen oft ganz schnell zum Thema Handyanwendung und Smartphone. Da ist der Angriffspunkt. Und ich erkläre dann, wie sie sich vor Betrügereien schützen können. Dass sie zum Beispiel nicht mit ihrem Klarnamen Accounts anlegen oder damit ins Internet gehen. Da ist teilweise Erstaunen da, denn es hat sie nie jemand aufgeklärt über die Gefahren. Dass man zum Beispiel bei der Nutzung von WhatsApp mit der Anerkennung der AGBs dem Meta-Konzern die Erlaubnis erteilt, auf das komplette Adressbuch zuzugreifen – auch auf die dort möglicherweise hinterlegten Anschriften oder Geburtsdaten – das muss man wissen und das wissen die wenigstens. Und da werden die Seniorinnen und Senioren nachdenklich, weil sie so etwas freiwillig nie herausgeben würden. Viele haben sich, und das erzählen sie bei solchen Veranstaltungen auch, sogar aus den offiziellen Telefonbüchern austragen lassen.

 

Was für Themen kommen noch so auf?

Axel Tritt: Viele Senioren fragen auch, wie sie sich verhalten sollen, wenn sie einen Anruf von einer ihnen unbekannten Telefonnummer bekommen. Da sagen wir natürlich: Nicht rangehen! Und dann erklären wir auch oft, wie sie bestimmte Sachen am Telefon sichern. Also zum Beispiel, wenn sie eine Nachricht erhalten, von einem angeblichen Enkel oder Sohn, der angeblich ein neues Handy hat, nicht telefonieren kann, aber dringend Geld braucht. Dann erklären wir ihnen, dass sie darauf nicht antworten, die Nummer blockieren und Screenshots machen, damit wir als Polizei überhaupt die Möglichkeit haben, eine Strafverfolgung durchzuführen.

 

Wird inhaltlich auch über das Thema Straßenverkehr gesprochen?

Axel Tritt: Ja, das kommt natürlich auch immer wieder vor. Da geht es dann darum, dass im Alter oft die Aufmerksamkeit und die Leistung der Sinnesorgane nachlassen. Man sollte dann auch den Weg zum Arzt nicht scheuen und sich untersuchen lassen, ob man überhaupt noch körperlich in der Lage ist ein Fahrzeug zu führen. Wir hatten letztens auch einmal eine Physiotherapeutin dabei, die bestimmte Übungen gezeigt hat, die man für die Beweglichkeit machen kann. Denn die ist zum Beispiel beim Schulterblick wichtig. Wir geben auch Tipps, was bei längeren Fahrten zu beachten ist. Es gibt schließlich auch 80-Jährige, die 500 Kilometer fahren. Dann kommt noch hinzu, dass man ihnen das Gefühl geben kann, dass sie noch nicht zu alt sind für Mobilität bzw. manchmal auch das Gegenteil: Wenn sie merken, dass es doch nicht mehr geht, raten wir, dass sie ihre Mobilität dann doch etwas einschränken müssen.

 

Wie sind denn so die Reaktionen der Senioren bei den Präventionsveranstaltungen?

Axel Tritt: Wenn man bei einer solchen Veranstaltung anfängt über den Enkeltrick oder Ähnliches zu berichten, kommt häufig: „Ach, das kennen wir doch schon.“ Aber wenn man dann berichtet, wem das schon alles passiert ist und dass das auch junge Menschen trifft, dann steigt die Aufmerksamkeit. Und auch Senioren, die behauptet haben, sie seien immun gegen diesen Trick, mussten zugeben, dass, wenn der Druck am Telefon so extrem ist, sie auch Opfer werden könnten.

 

Sind denn Seniorinnen und Senioren besonders gefährdet?

Axel Tritt: Nein. Es ist ja ein generelles Problem, dass das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen ein anderes ist als das objektive. Das stelle ich aber nicht nur bei Seniorinnen und Senioren fest. Da wird schnell davon geredet, dass man nicht mehr sicher ist. Und dann erkläre ich den Menschen natürlich, wie unser tatsächliches Lagebild der Polizei ist und dass bestimmte Sachen, die sie so empfinden, nicht objektiv nachweisbar sind. Dann kommt irgendwann die Erkenntnis: Wenn ein Polizist sagt, dass es nicht so ist, dann wird da auch etwas dran sein. Und das ist auch ganz wichtig für die Menschen, um auch ihr eigenes Sicherheitsgefühl zu stärken. Vieles macht ja auch durch Erzählungen nach dem Motto „Hast du schon gehört…“ die Runde. Und so entsteht für die Menschen ein Gesamtbild, das mit der objektiven Lage überhaupt nichts zu tun hat.

 

Was können Angehörige für Seniorinnen und Senioren tun, um sie vor Betrügereien zu schützen?

Axel Tritt: Angehörige sind ein ganz wichtiger Aspekt. Es ist nicht immer einfach in der heutigen Zeit den Kontakt zu Eltern oder Großeltern zu halten, aber man sollte sich wirklich um die Angehörigen kümmern. Auch Enkelkinder können Oma und Opa dabei unterstützen, was sie technisch am Telefon einstellen sollten und sie sensibilisieren über die aktuellen Maschen – und da auch dranbleiben, wenn es neue Betrugsformen gibt. Denn das entwickelt sich immer weiter und es wird immer neue Maschen geben. Da muss man am Ball bleiben.

 

Die Sachbereiche Prävention der einzelnen Polizeiinspektionen der Polizeidirektion West bieten regelmäßig verschiedene Veranstaltungen speziell für Seniorinnen und Senioren an – natürlich auch während der Brandenburgischen Seniorenwoche.

Eine davon findet am Donnerstag, 08.06.2023,  in Bad Belzig statt. Hier gibt es weitere Informationen zu dem Termin.

Verantwortlich:

Polizeidirektion West
Pressestelle

Magdeburger Straße 52
14770 Brandenburg an der Havel

pressestelle.pdwest@polizei.brandenburg.de

Zu den Bürodienstzeiten:

Telefon: 03381 560-2020
Telefax: 03381 560-2009

Zum Impressum des Polizeipräsidiums


Das könnte Sie auch interessieren