Den vier in Polen festgenommenen Verdächtigen wurden heute durch das Bezirksgericht in Gorzów Wlkp. die deutschen Haftbefehle verkündet Zur Vollstreckung von fünf europäischen Haftbefehlen sowie der Sicherstellung umfangreichen Beweismaterials führte ein Einsatz am Mittwochmorgen (9. Dezember 2015) im Raum Gorzów in Polen sowie im Britischen Whitby (North Yorkshire). Polnische Ermittler hatten gemeinsam mit Beamten des LKA Brandenburg sowie mit der Unterstützung polnischer Spezialeinheiten im Auftrag der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) vier Mitglieder einer international agierenden Bande von Fahrzeugdieben an ihren Wohnorten festgenommen. Ein fünfter Verdächtiger hatte sich bereits zuvor nach Großbritannien abgesetzt und wurde dort ebenfalls am Mittwochmorgen in Zusammenarbeit zwischen Zielfahndern aus Brandenburg und der örtlichen Polizei festgenommen.
Möglich gemacht wurde dies durch die deutsch-polnische Justizkooperation in Form eines Joint Investigation Teams (JIT) zwischen der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) und der Bezirksstaatsanwaltschaft Gorzów Wlkp. Im Rahmen dieses auf der Grundlage der europäischen Regelungen zur justiziellen Zusammenarbeit vereinbarten JIT konnten Beamte des LKA Brandenburg und der Kriminalabteilung der KWP Gorzów seit März 2015 unmittelbar gemeinsam gegen diese Diebes- und Hehlerbande ermitteln. Selbst EUROPOL wurde einbezogen. Dadurch konnten die Ermittlungen intensiver und ohne den oft aufwändigen Weg der formellen Rechtshilfe beschreiten zu müssen, vorangetrieben werden.
Im Anschluss an diese Festnahmen wurden im Raum Gorzów Wlkp. sechs Wohnungen und Häuser von Verdächtigen durchsucht. Hier stellten die Ermittler Mobiltelefone, Navigationsgeräte, Computertechnik und Datenträger in erheblichem Umfang sicher. Außerdem stießen die Einsatzkräfte auf schriftliche Unterlagen und Diebesgut. Zwei Analytiker von EUROPOL haben mit der Sicherung und Auswertung der gewonnenen Daten begonnen.
Den vier in Polen festgenommenen Verdächtigen wurden heute durch das Bezirksgericht in Gorzów Wlkp. die deutschen Haftbefehle verkündet. Das Gericht wird später über die begehrte Auslieferung der bis dahin in Polen inhaftierten Verdächtigen nach Deutschland entscheiden. Auch der in Großbritannien festgenommene Verdächtige soll nach Deutschland überstellt werden.
Die jetzigen Durchsuchungen und Festnahmen waren der aktuelle Höhepunkt deutsch-polnischer Ermittlungen gegen mehrere Banden von Fahrzeugdieben. So waren in den Jahren 2012 und 2013 in Brandenburg gehäuft Kleintransporter Mercedes Sprinter und baugleiche VW Crafter entwendet worden. In beiden Jahren gab es jeweils etwa 130 Angriffe auf solche Fahrzeuge. Dabei ließen das gezielte und offenbar professionelle Vorgehen, die hohe Zahl der Angriffe sowie der Verbleib der gestohlenen Fahrzeuge im Ausland darauf schließen, dass die Täter bandenmäßig organisiert aus dem osteuropäischen Ausland vorgehen. Im März 2013 wurde daher im LKA Brandenburg die Ermittlungsgruppe (EG) Sprinter eingerichtet. Hier wurden alle Verfahren zu Entwendungen oder versuchten Entwendungen solcher Fahrzeuge zusammengefasst. Dabei stellte sich heraus, dass verschiedene Banden aus überwiegend ukrainischen, litauischen und polnischen Staatsbürgern in diesem Tätigkeitsfeld aktiv waren.
Seit Mai 2014 ermittelte die EG Sprinter in einem Verfahren der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) in enger Abstimmung mit der Kriminalabteilung der Woiwodschaftskommandantur der polnischen Polizei (KWP) in Gorzów. Diese Zusammenarbeit führte im Zeitraum Juli bis Oktober 2014 zur Feststellung und Schließung von drei illegalen Werkstätten im Raum Gorzów. Dort waren weit über 50 gestohlene Transporter zerlegt worden. Zuvor hatten nach den Erkenntnissen der Ermittler Mitglieder von drei verschiedenen Diebesbanden die Fahrzeuge in Deutschland entwendet und in die Werkstätten gebracht. Die Banden bestanden aus polnischen Bürgern und arbeiteten streng hierarchisch und arbeitsteilig. Ihre Diebestouren führten durch Brandenburg, aber auch durch die Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Thüringen. Außer Sprinter und Crafter stahlen die Banden auch VW T4 und T5. Der Gesamtschaden beläuft sich auf mehr als 3,5 Millionen Euro. Im Ergebnis der bisherigen Ermittlungen auf deutscher und polnischer Seite konnten bislang 13 Personen festgenommen werden.
Dieses aktuelle JIT ist bereits das zweite deutsch-polnische JIT, welches unter Beteiligung der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) und des LKA Brandenburg erfolgreich ermittelt. Ein erstes JIT war in der Zeit von November 2013 bis November 2014 zwischen der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) und der Bezirksstaatsanwaltschaft Zielona Góra aktiv. Diese Zusammenarbeit hatte zur Zerschlagung einer Bande polnischer Autodiebe geführt, der 158 Straftaten in Deutschland und in Polen vorgeworfen werden. Derzeit müssen sich hierfür 22 Angeklagte in Polen vor Gericht verantworten.
Schon während der Vorbereitungen zur Bildung des aktuellen JIT hatte es im Januar 2015 einen gemeinsamen Einsatz deutscher und polnischer Ermittler auf deutscher Seite gegeben. Bei Kontrollen in Lieberose, Staakow und Pinnow (alle LK Dahme Spreewald) wurden im Januar 2015 zwei kurz zuvor entwendete Transporter sichergestellt. Sechs polnische Tatverdächtige wurden festgenommen. Einer von ihnen hatte sich auf einen Baum geflüchtet, wo ihn die Wärmebildkamera des Polizeihubschraubers ausfindig machte. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) hat den 41-Jährigen angeklagt, er muss sich derzeit wegen des Diebstahls von mindestens 27 Transportern vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) verantworten. Er hat die Taten bereits gestanden.
Im Rahmen der weiteren gemeinsamen Ermittlungen wurden durch die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) die nun vollstreckten Europäische Haftbefehle gegen fünf mutmaßliche Bandenmitglieder erwirkt. Dem unter diesen Personen befindlichen mutmaßlichen Bandenchef wird die Beteiligung an mindestens 60 Fahrzeugdiebstählen vorgeworfen.
Der Leiter der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder), Leitender Oberstaatsanwalt Helmut Lange, und Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke beglückwünschten die Ermittler aus beiden Ländern zu ihrem aktuellen Erfolg und betonten: „Die Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg ist ein wichtiger Baustein bei der Bekämpfung international agierender Verbrecherbanden. Kern dieser Zusammenarbeit ist das JIT zwischen den Staatsanwaltschaften in Frankfurt (Oder) und Gorzów Wlkp., in welchem Ermittler des LKA Brandenburg und der KWP Gorzów konstruktiv zusammenarbeiten. Wir werden uns dafür einsetzen, dass wir auch in weiteren Ermittlungskomplexen solche Formen der Kooperation anwenden können.“
Gemeinsame Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) und des Polizeipräsidiums