Der Verfassungsschutz Brandenburg hat heute in Potsdam seinen Bericht für das Jahr 2024 vorgelegt. Insgesamt lag das extremistische Personenpotenzial im vergangenen Jahr in Brandenburg bei 5.505 Personen, wie Innenminister René Wilke und Axel Heidrich, kommissarischer Leiter der Verfassungsschutzabteilung, bei der Vorstellung des Berichts mitteilten. Damit stieg die Zahl der Extremisten um 570 Personen im Vergleich zum Jahr 2023. Der Rechtsextremismus als der größte Phänomenbereich in Brandenburg ist im vergangenen Jahr weiter gewachsen. Ihm konnten 2024 zwei Drittel des gesamten extremistischen Personenpotenzials in Brandenburg zugeordnet werden.
Wilke: „Desinformation, Manipulation und hybride Angriffe: Die Herausforderungen sind enorm. Extremistische Akteure verfolgen das Ziel, mit ihrer Ideologie die Mitte der Gesellschaft durchdringen zu wollen. Dies gilt in Brandenburg insbesondere für den Rechtsextremismus, der mit seiner Entgrenzungsstrategie unser politisches System zunächst unterwandert und schließlich im Sinne rechtsextremistischer Positionen fundamental umgestalten will. Das hat auch Folgen für unsere Jugend. Seit vergangenem Sommer radikalisieren sich Jugendliche – insbesondere im Rechtsextremismus – in einer unfassbaren Geschwindigkeit. Dies darf aber nicht über Radikalisierungstendenzen in allen Phänomenbereichen hinwegtäuschen. Soziale Medien sind Türöffner und Wegbegleiter in einem.“
Heidrich: „Wir beobachten vor allem bei Jugendlichen, dass Bausteine teils unterschiedlicher Ideologien unreflektiert miteinander kombiniert werden. Die Schnelllebigkeit und Vernetzungsmöglichkeiten der sozialen Räume schaffen ein digitales Warenhaus, aus dem sich Jugendliche ihre Weltanschauung frei zusammenbauen."
Unter Berücksichtigung des Verdachtsfalls „Alternative für Deutschland“ (AfD) ist das Personenpotenzial im Phänomenbereich Rechtsextremismus im vergangenen Jahr auf 3.650 Personen gestiegen (+565). 1.430 Personen (+130) – und damit rund 40 Prozent aller dem Verfassungsschutz Brandenburg im Jahr 2024 bekannten Rechtsextremisten – gelten als „gewaltorientiert“.
Unter Berücksichtigung des Verdachtsfalls AfD kommen rechtsextremistische Parteien auf ein Personenpotential von insgesamt 1.600 Personen (+340). Der Großteil entfällt auf die AfD (incl. JA): 1.400 (+350); „Die Heimat“ (ehemals NPD): 120 (-20) und DER DRITTE WEG: 80 (+10). Eigenen Angaben zufolge hatte der Landesverband der AfD zum Jahresende 2024 insgesamt rund 2600 Mitglieder. Die Mitgliedschaft per se reicht bei einem Verdachtsfall nicht zur unmittelbaren Zurechnung zum Extremismuspotential, das heißt, diese werden anteilig ausgewiesen. Damit wird dem Sachverhalt Rechnung getragen, dass es sich bei ihr um einen Verdachtsfall für extremistische Bestrebungen handelt.
420 Rechtsextremisten (+15) sind parteiunabhängig in zwölf Strukturen (-2) organisiert: eine „Kameradschaft“, einmal „Freie Kräfte“, sechs „Bruderschaften“, der Verein „Zukunft Heimat“, zwei „Kampfsportgruppen“ und die mittlerweile aus Brandenburg verzogene „COMPACT-Magazin GmbH“. Das „weitgehend unstrukturierte rechtsextremistische Personenpotenzial“ umfasst insgesamt 1.900 Personen (+240). Die Zahl rechtsextremistischer Bands lag 2024 bei 27 (+1), die der Liedermacher bei 14 (+1). Neun Tonträger (-5) wurden veröffentlicht. Das Personenpotenzial der Reichsbürger und Selbstverwalter ist 2024 mit 1.000 Personen (+/-0) im Vergleich zum Vorjahr gleichgeblieben.
Auch im Bereich Linksextremismus ist das Personenpotenzial im Jahr 2024 unter Berücksichtigung von Doppelmitgliedschaften unverändert bei 550 (+/-0) geblieben. Der gewaltrechtfertigende und -unterstützende Verein „Rote Hilfe“ zählt nach eigenen Angaben 400 Mitglieder (+/-0). Die Zahl gewaltorientierter Autonomer liegt unverändert bei 200 (+/-0). Im Gegensatz dazu sind die Gewaltstraftaten auf 51 (+40) gestiegen. Das ist der zweithöchste Wert seit Bestehen des Landes. Die „Deutsche Kommunistische Partei“ (DKP) und die „Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands“ (MLPD) kommen zusammen auf nur noch etwa 25 Mitglieder (+/-0). Beide sind nicht mehr handlungsfähig.
Im Jahr 2024 wurden 225 Islamisten (+5) gezählt. Hiervon beträgt das salafistische Personenpotenzial 175 (+5). Salafismus bildet den geistigen Nährboden für den Jihadismus und sich schnell radikalisierende Einzeltäter. Darunter befinden sich 85 Personen (+5) mit Bezügen zur „Islamistischen Nordkaukasischen Szene“. Diese sind besonders relevant, da sich Gruppierungen im Kaukasus teilweise dem terroristischen „Islamischen Staat“ (IS) unterstellt hatten. Im vergangenen Jahr hat das Innenministerium Brandenburg den Verein „Islamisches Zentrum Fürstenwalde“ verboten, da er antisemitische Inhalte verbreitete, das Existenzrecht Israels bestritt und Verbindungen zur HAMAS sowie zur Muslimbruderschaft aufwies.
Das größte Personenpotenzial im Auslandsbezogenen Extremismus weist die bundesweit mit einem Betätigungsverbot belegte „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK) auf. Im Jahr 2024 wurden ihr 60 Personen (+/-0) zugerechnet. Die Gesamtzahl Auslandsbezogener Extremisten liegt im Jahr 2024 gleichbleibend bei 80 (+/-0).
Der Verfassungsschutzbericht ist abrufbar unter https://mik.brandenburg.de/vsb2024